Faktencheck: Ausbau B469

08. Dezember 2020

Die Bundesstraße B469 ist eine zentrale Verkehrsader, die die Stadt Aschaffenburg und den bayerischen Untermain bis Miltenberg an das Rhein-Main-Gebiet anbindet. Allerdings wurde die Straße in den 1960er Jahren ausgebaut und ist baulich weitestgehend auf diesem Stand geblieben. Sie entspricht also in vielerlei Hinsicht nicht mehr den heutigen Standards. Im nördlichen Bereich ist die B469 mit über 40.000 Fahrzeugen täglich ausgelastet wie eine Autobahn – die baulichen Anforderungen entsprechen dieser Auslastung in keinem Fall. Aktuell ist die B469 im Hinblick auf die Ausbaupläne, die Verkehrssicherheit und den Schutz der Natur wieder in aller Munde. Ein kleines Bündnis aus Umweltverbänden hat einen Stopp der Baumaßnahmen gefordert. Dabei wurden auch einige Falschbehauptungen verbreitet, die zu Verwirrung geführt haben. 

Welche baulichen Veränderungen sind auf der B469 im Landkreis Aschaffenburg geplant?

Die B469 soll in mehreren Schritten baulich verändert werden, die man als zusammenhängendes Ganzes betrachten muss und die auch nur in Kombination einen Nutzen für die Region bringen. Hierbei ist zwischen 3 Abschnitten zu unterscheiden:

  • Zum einen die beiden Anschnitte A45 – A3 (4 streifiger Ausbau) und A3 bis AS Stockstadt (6-streifiger Ausbau). Diese beiden Maßnahmen sind im Bundesverkehrswegeplan 2030 im vordringlichen Bedarf enthalten, da beide Maßnahmen eine Kapazitätserweiterung von 2 auf 4 bzw. von 4 auf 6 Spuren vorsehen.
  • Zum anderen der Abschnitt AS Stockstadt bis AS Großostheim. Dieser ist nicht im BVWP enthalten weil die Fahrbahn hier lediglich ertüchtigt wird, d.h. kein Neubau und auch keine Kapazitätserweiterung stattfindet; es handelt sich also um Bestandserhaltung um vorhandene Verkehre zu sichern und den Abschnitt an den neusten Stand der Technik anzupassen. Finanziert wird die Maßnahme über Bestandserhaltungsmittel.

Was ist genau für den Abschnitt zwischen Stockstadt und Großostheim vorgesehen?

Geplant ist zum einen die bedarfsgerechte Erneuerung der Fahrbahn. Außerdem zur Sicherung des Verkehrs der Anbau von Standstreifen, die bedarfsgerechte Verbreiterung des Mittelstreifens sowie der Fahrstreifen, die Verbreiterung und Verlängerung der Aus- und Einfädelstreifen an Zu- und Abfahrten sowie die Verbesserung der Linienführung in Lage und Höhe. Daneben sind sieben Brückenbauten und ein Neubau eines Stützbauwerks erforderlich. Außerdem wird der Trinkwasserschutz verbessert.

Ist im Planungsprozess alles korrekt abgelaufen? Wurden die beteiligten demokratisch gewählten regionalen Parlamente mit einbezogen?

Die Behauptung das staatliche Bauamt Aschaffenburg handele hier rechtswidrig ist schlichtweg falsch! Der Aus- und Umbau der B469 ist ein intensiver Prozess, der seit über 8 Jahren – immer in Abstimmung mit politisch Verantwortlichen – vom staatlichen Bauamt Aschaffenburg durchgeführt wurde. Auch bei den Planungen zur Instandhaltung des Abschnittes Stockstadt – Großostheim wurde der Rechtsweg eingehalten. Die Planungen wurden mehrfach im Bauausschuss des Kreistages und den Gemeinderäten von Stockstadt und Großostheim vorgestellt. Auch eine Beteiligung des regionalen Planungsverbandes hat stattgefunden.

Wie setzen sich die Kosten zusammen? 

Die Kosten sind verhältnismäßig hoch für einen kurzen Abschnitt. Allerdings muss man wissen, dass hier neben der Fahrbahnerneuerung und Ergänzung um einen Standstreifen auch die bauliche Erneuerung zahlreicher Brücken und die Verbesserung des Trinkwasserschutzes enthalten sind. So  kosten die sieben Brücken und eine Stützmauer über 50 Millionen Euro. Davon alleine die Erneuerung der Eisenbahnbrücke entlang der Bahnlinie Darmstadt – Aschaffenburg über 20 Mio. (fast ¼ der Gesamtkosten). Außerdem werden die Mängel zum Schutz des Trinkwassers behoben, indem die Straßenentwässerung den technischen Standards und Vorschriften angepasst wird. Bauamtsleiter Klaus Schwab hat dazu im Main-Echo Interview vom 08.12.2020 u.a. erklärt: „Einberechnen muss man auch die Preissteigerung von 16,4 Prozent in diesem Zeitraum. Daher kostet der Straßenbau statt 33 Millionen jetzt 41,7 Millionen Euro. Die restlichen 5,4 Millionen Euro sind notwendig, wenn man die Straße während der Bauzeit vierspurig belassen will. Dafür muss provisorisch ein seitlicher Fahrbahnstreifen angebaut werden, um den Verkehr auf eine Fahrbahnseite umlegen zu können. Zudem sind Umfahrungen von Brückenbauwerken, etwa der Gersprenzbrücke, notwendig.“

Welche Defizite bestehen auf der B469 insbesondere bei der Verkehrssicherheit?

Durch die fehlenden Standspuren und zu kurzen Auffahrspuren kommt es regelmäßig bei Verkehrsunfällen zu langen Staus und unsicheren Situationen nicht nur für den Nachfolgeverkehr, sondern insbesondere für die Einsatz- und Rettungskräfte vor Ort. Diese müssen bei Bergungs- und/oder Sperreinsätzen regelmäßig um ihre eigene Sicherheit fürchten. Schon einfach Pannen führen zu langen Staus. Der Bau von Haltebuchten würde dieses Problem nicht beheben, denn nicht immer passiert ein Unfall/eine Panne direkt in Nähe einer Haltebucht.

 Ist der Abschnitt ein Unfallschwerpunkt?

Es handelt sich hier um Längsverkehr mit Unfällen bei denen in der Regel schwere Personenschäden bis hin zum Tod entstehen („Wenn es kracht, dann richtig“). Auch im Bereich der Auffahrt Großostheim kommt es vermehrt zu Unfällen, wobei es hier i.R. eher um Sachschäden handelt. Gerade der Abschnitt Stockstadt – Großostheim gilt auch bei der Polizei – trotz Schwerpunktüberwachung –  als überdurchschnittlich belastet.

 Würde die Einführung eines Tempolimits entlang der Strecke die Probleme lösen und einen Ausbau überflüssig machen?

Die einfache Einführung einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h kann die baulichen Mängel an Fahrbahn sowie den fehlenden Trinkwasserschutz bei der Fahrbahnentwässerung nicht lösen. Auch die Sicherheitsmängel, wie z.B. der fehlende Standstreifen sind damit nicht behoben. Die Einführung eines Tempolimits entlang der Strecke ist eine politische Frage, die entsprechend und unabhängig vom Umbau zu diskutieren ist.

 Könnte man auch ohne Eingriff in den Wald die Sicherheitsdefizite beheben?

Nein denn die Sicherheitsdefizite wie fehlender Standstreifen und zu kurze Auffahrspuren ändern sich dadurch nicht. Ein weiterer Nachteil, den Bauamtsleiter Schwab im Main-Echo-Interview darstellt: Die B 469 müsste dann während der vierjährigen Bauzeit an dieser Stelle auf eine Fahrbahn je Richtung verengt werden. Dies werde zu Staus führen und dazu, dass Autofahrer Ausweichstrecken suchen, etwa durch Sulzbach, Aschaffenburg, Stockstadt oder Kleinostheim. Das bedeutet eine deutlich höherer Verkehrsbelastung für die Anliegergemeinden. Der Ausbau würde dann zwar rund 36 Millionen Euro billiger, weil man die Brücken mit einer geringeren Spannbreite bauen könnte aber keinen Sicherheitsnutzen mit sich bringen.

Können beim Bau eingesparte Kosten z.B. einfach in den Ausbau der Schieneninfrastruktur gesteckt werden?

Nein, denn es handelt sich dabei um Geld, das fest für den Bundesfernstraßenbau eingeplant ist. Durch einen Verzicht darauf erhöht sich der Topf für den Schienenausbau nicht. Das Geld wird dann für andere Fernstraßenprojekte in Deutschland ausgegeben.

Was ist mit dem Radverkehr?

Auch der Radverkehr bekommt einen immer höheren Stellenwert. So ist ein sog. Radwegeprogramm für den Landkreis in Planung. Insbesondere entlang der B26 von Aschaffenburg zur B469 ist ein Lückenschluss im Radwegenetz geplant.

Wird der Wald entlang der Strecke wieder aufgeforstet?

JA! Die Waldfläche bleibt gleich. Das staatliche Bauamt ist sich hier mit den Hübnern einig. Ein Teil wird an anderer Stelle aufgeforstet. Ein anderer Teil wird nach Abschluss der Bauarbeiten entlang der Strecke aufgeforstet. Laut Bauamtsleiter Klaus Schwab, wir der Wald, der für den seitlichen Baustreifen und den Neubau der Bahnbrücke gerodet werden muss, nach Bauende wieder aufgeforstet. Für die Bäume, die der Verbreiterung der Straße zum Opfer fallen, werden zwei Wiesen am östlichen Waldrand neu aufgeforstet. Weitere Ausgleichsmaßnahmen sind die Anlage eine Streuobstwiese sowie ein Habitat für Zauneidechsen. Zudem hat das Staatliche Bauamt die frühere Kiesgrube Rachor erworben, die als Ausgleich renaturiert werden soll.

Was ist mit dem Trinkwasserschutz?

Die Fahrbahnentwässerung der B469 ist auf dem Stand der 1960er Jahre und erfüllt die Anforderungen an den Trinkwasserschutz aktuell nicht. Konkret bedeutet das, dass zurzeit im Trinkwasserschutzgebiet Großostheim das Oberflächenwasser von der B 469 ungefiltert in den Boden fließt. Im Zuge der Baumaßnahme würde die Fahrbahnentwässerung dem heutigen Stand der Technik und den heutigen rechtlichen Vorgaben zum Trinkwasserschutz angepasst.

Kurz gesagt: Die B469 ist zwischen der A3 und Großostheim mit über 40.000 KFZ am Tag autobahnähnlich belastet, baulich und sicherheitstechnisch aber den Anforderungen in keinster Weise gewachsen. Das belegen die vielen Unfälle und zahlreichen Staus tagtäglich. Deshalb muss die Ertüchtigung des Abschnittest Stockstadt – Großostheim immer auch im Zusammenhang mit den außerdem geplanten Maßnahmen im Bundesverkehrswegeplan (vierspuriger Ausbau zwischen der A45/A3 und der sechsspurige Ausbau zwischen A3 und AS Stockstadt) gesehen werden: Für mehr Verkehrssicherheit und weniger Stau auf der Strecke, für mehr Entlastung der Anliegergemeinden und schließlich auch für eine gute und zukunftsfähige Anbindung des Bayerischen Untermains an das Rhein-Main-Gebiet. AUTOREN: Team Andrea Lindholz PUBLIKATION: 08. Dezember 2020