Bevölkerungsschutz fit für die Zukunft machen

06. Juli 2023

Der Innenausschuss des Bundestages hat sich am Montag in einer Expertenanhörung mit dem Bevölkerungsschutz in Deutschland befasst. Grundlage war ein Antrag der Unionsfraktion. Die Experten waren sich einig:  Der Bevölkerungsschutz in Deutschland ist durchweg gut aufgestellt – bei freilich deutlichen Verbesserungserfordernissen in großen Krisenlagen. Grundsätzlich gelte: die Gefahrenlage und – situationen werden immer komplexer. Man müsse den Bevölkerungsschutz aber dennoch gut aufstellen für die Zukunft.

Albrecht Broemme, Vorstandsvorsitzender des Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit, begrüßte, dass das Thema Bevölkerungsschutz aus der Schmuddelecke geholt worden sei. Das Thema habe sich angesichts der vielen Krisen in den letzten Jahren positiv entwickelt. Der Katastrophenschutz sei gut aufgestellt. Das liege an den vielen Ehrenamtlichen und den hauptamtlichen Kräften. Zu den Mängeln zählte er eine begrenzte Durchhaltefähigkeit, die sich bei Einsätzen über mehrere Wochen gezeigt habe.

René Burfeindt, Bereichsleiter Nationale Hilfsgesellschaft, Deutsches Rotes Kreuz, verwies auf ein zunehmend komplexeres Gefahrenspektrum. Einer Resilienzstärkung bedürfe es auch gegenüber chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Gefahren sowie Cyberangriffen. Ein weiteres Risiko seien klimabedingte Extremwetterereignisse. Das Bevölkerungsschutzsystem müsse von einem reaktiv zu einem proaktiv agierenden System weiterentwickelt werden. Er setzte sich für den Aufbau einer nachhaltigen Zivilschutzreserve des Bundes ein.

Gerd Friedsam, Präsident der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk a. D., sagte, komplexe hybride Sicherheitsbedrohungen häuften sich. Die Konzepte für die zivile Verteidigung müssten weiterentwickelt werden. Es sei rechtlich abzusichern, dass Einsatzkräfte der Hilfsorganisationen nicht eingezogen werden, sollte es im Spannungs- oder Verteidigungsfall zu einer Wiedereinführung der Wehrpflicht kommen.

Sabine Lackner, Präsidentin der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, lenkte den Blick auf Handlungsbedarfe in den Bereichen Ausstattung, Ausrüstung und Fortbildung. Dafür benötige das THW eine zuverlässige und dauerhaft tragfähige Finanzierung. Nur so könnten nicht zuletzt die Liegenschaften der 668 THW-Ortsverbände schrittweise erneuert werden. Sie verwies auf zum Teil drastische Preissteigerungen. So kosteten Einsatzfahrzeuge und Anhänger heute mehr als das 1,5-fache im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit.

Andrea Lindholz: „Deutschland hat einen im internationalen Vergleich starken Bevölkerungsschutz. Das liegt an professionellen Sicherheits- und Rettungskräften, aber auch an den rund 1,7 Millionen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Ihnen allen ein riesiges Dankeschön! In diesen turbulenten und herausfordernden Zeiten ist es wichtig, dass wir unseren Bevölkerungsschutz fit für die Zukunft machen, damit wir die Herausforderungen bestmöglich meistern können. Ich setzte mich deshalb ein für einen Pakt für den Bevölkerungsschutz in dem sich Bund, Länder und Kommunen gemeinsam verpflichten, den Zivil- und Katastrophenschutz nachhaltig zu modernisieren mit genug Personal, Ausstattung und Finanzmitteln. Wir brauchen einen klaren Fahrplan und überprüfbare Ziele,  und dürfen nicht erst bis nach der nächsten Katastrophe abwarten. Wir müssen außerdem die Resilienz in der Bevölkerung und die Hilfsorganisationen stärken. Die Bundesrepublik Deutschland hat einen im internationalen Vergleich starken Bevölkerungsschutz. Das liegt an professionellen Sicherheits- und Rettungskräften, aber auch an den rund 1,7 Millionen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Ihnen allen ein riesiges Dankeschön! In diesen turbulenten und herausfordernden Zeiten ist es wichtig, dass wir unseren Bevölkerungsschutz fit für die Zukunft machen, damit wir die Herausforderungen bestmöglich meistern können. Ich setzte mich deshalb ein für einen Pakt für den Bevölkerungsschutz in dem sich Bund, Länder und Kommunen gemeinsam verpflichten, den Zivil- und Katastrophenschutz nachhaltig zu modernisieren mit genug Personal, Ausstattung und Finanzmitteln. Wir brauchen einen klaren Fahrplan und überprüfbare Ziele, und dürfen nicht erst bis nach der nächsten Katastrophe abwarten. Wir müssen außerdem die Resilienz in der Bevölkerung und die Hilfsorganisationen stärken.“

Die Unionsfraktion fordert in ihrem Antrag einen „Pakt für den Bevölkerungsschutz“, „der für zehn Jahre zehn Milliarden Euro für den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes garantiert und die Länder zu analogen Investitionen in ihren Katastrophenschutz verpflichtet“. In dem Antrag fordert die Union die Bundesregierung auch auf, gemeinsam mit den Ländern die Strukturen und Abläufe im Zivilschutz- und Katastrophenfall grundlegend zu prüfen sowie mit praxisnahen Übungen und einheitlich hohen Ausbildungsstandards zu stärken. Die Union macht in ihrem Antrag außerdem klar, dass systematisch nationale Reserven in den Schlüsselbereichen Energie, Trinkwasser, Ernährung und Notfallbetreuung auf- und auszubauen sind und die Ausstattung zur Eindämmung von chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Gefahren (CBRN-Gefahren) deutlich erhöht werden muss. Ferner dringt die Fraktion darauf, „die Warnung der Bevölkerung bundesweit und barrierefrei bis Ende 2022 sicherzustellen, mit einem langfristigen Sirenenausbauprogramm und genug Mitteln für Cell-Broadcast, Warn-Apps und Informationskampagnen“.

Des Weiteren wird die Bundesregierung in dem Antrag aufgefordert, gemeinsam mit den Hilfsorganisationen den Aufbau einer „zivilen Reserve“ bis Ende 2022 konzeptionell abzustimmen und Anreize für eine freiwillige Grundausbildung im Bevölkerungsschutz zu schaffen, um die Hilfsorganisationen personell zu stärken und die Bundeswehr zu entlasten. Zudem soll sie die Krisenkompetenz in der Bevölkerung ausbauen und das Wissen über richtiges Verhalten in Krisenlagen systematisch stärken. Den Antrag können Sie hier nachlesen.