Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 20. September 2022 sein Urteil zum deutschen Gesetz über Mindestspeicherfristen für Telekommunikationsverkehrsdaten verkündet (Vorlageentscheidung des BVerwG vom 25. September 2019). Dabei ging es um die Frage, ob das deutsche Gesetz von 2015 mit der Datenschutz-Richtlinie für elektronische Kommunikation (2002/58/EG) und den Unionsgrundrechten vereinbar ist. Das Gericht bestätigt seine Auffassung, wonach das Unionsrecht einer allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten grundsätzlich entgegensteht. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Speicherung zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit (Gefahrenabwehr) eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrsdaten vorsieht. Gleichzeitig lässt das Gericht ausdrückliche Ausnahmen zu. Dazu zählt auch: Eine befristete, allgemeine und unterschiedslose Speicherung von IP-Adressen ist stets zulässig. Zudem dürfen ausdrücklich auch Identifizierungsmerkmale der Nutzer (z.B. Name, Anschrift) gespeichert werden.
Nach Ansicht vor Andrea Lindholz, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist die Bundesregierung jetzt gefordert, zügig einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das Urteil umsetzt und die Ermittlungsbehörden so zu unterstützen.
„Mit dem EuGH-Urteil ist klar: Eine vollumfängliche Vorratsdatenspeicherung ist nicht zulässig, eine befristete Speicherung von IP-Adressen zur besseren Aufklärung und Verfolgung von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen und weiterer schwerer Straftaten ist aber möglich. Die Bundesregierung hat nun keine Ausrede mehr. Jahrelang haben sich SPD, Grüne und FDP hinter dem ausstehenden Urteil verschanzt. Sie haben so tausende ungeklärte Missbrauchsfälle in Kauf genommen. Das muss endlich ein Ende haben, “ so die Bundestagsabgeordnete.
In der Koalition und v.a. zwischen Innenministerin und Justizminister herrscht jedoch Uneinigkeit darüber, wie das Urteil umzusetzen ist. „Die Bundesregierung muss umgehend für eine sechsmonatige Speicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch sorgen. Um Kinderschänder aufzuspüren und Pädophilenringe auffliegen zu lassen, haben Ermittler vielfach nur eine IP-Adresse als Spur. Ohne Speicherpflicht sind die digitalen Beweise vielfach gelöscht und die IP-Adresse kann keiner konkreten Person mehr zugeordnet werden. In den vergangenen fünf Jahren war das bei mehr als 19.000 Hinweisen der Fall. Das ist ein unerträglicher Zustand. Der Kinderschutz muss hier jetzt endlich Vorrang vor dem Datenschutz haben.“
Gemeinsam mit Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz hat sich Andrea Lindholz deshalb in dieser Woche mit einem Brief an den Bundeskanzler gewandt. Mit diesem Schreiben fordern sie ihn auf, endlich für Klarheit in der Koalition und eine echte Lösung der Frage zu sorgen – für den Kinderschutz!
Andrea Lindholz: „Herr Scholz muss jetzt ein Machtwort sprechen. Laut Frau Faeser ist auch der Bundeskanzler für die IP-Adressen-Speicherung. Die Union ist bereit, dies mit der SPD im Bundestag zu beschließen. Der Schutz unserer Kinder vor sexuellem Missbrauch muss Vorrang vor parteipolitischen Fragen haben. Der ‚Quick-freeze‘-Vorschlag der FDP greift auch nach Aussage der Ermittler zu kurz. Was gelöscht ist, kann nicht „eingefroren“ werden. Viele digitale Beweise würden damit für die Strafverfolgung verloren gehen. “