Am Dienstagmorgen dieser Sitzungswoche erschien Bundeskanzler Olaf Scholz zur Regierungserklärung im Plenum. Erhofft hatten sich viele eine Entschuldigung und Erklärung über das weitere Vorgehen der Ampel-Regierung zu den derzeit ungeklärten Haushaltsfragen. Stattdessen blieben viele Fragen offen: Wie will Olaf Scholz die Bundesregierung aus der Haushaltskrise führen? Welche Ausgaben und in welchem Umfang werden Einsparungen notwendig sein? Hat die Ampel ein Konzept für Einhaltung der Schuldenbremse 2024? Plant die Ampel am Ende gar das erneute Aussetzen der Schuldenbremse? Welche Tragweite hat das Urteil und welche Rückwirkungen zieht Scholz aus dem Karlsruher Urteil auf den gesamten Ampel-Haushalt?
Nichts von alledem fand in Scholz Rede Erwähnung. Der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Friedrich Merz konterte nach der Regierungserklärung in einer eigenen Stellungnahme und warf dem Bundeskanzler Totalversagen vor: „Sie können es nicht.“ Die Koalition gefährde den Wohlstand und die Zukunft des Landes. Die Rolle der Opposition fasst Merz folgendermaßen zusammen: „Unsere Rolle ist es, Ihnen auf die Finger zu schauen und dafür zu sorgen, dass Sie unsere Verfassung einhalten“. Er wehrte sich auch gegen Vorwürfe, die Union habe nach dem Urteil triumphiert: „Wir haben über dieses Urteil nicht triumphiert. (…) Herr Bundeskanzler, diese Entscheidung ist notwendig geworden, weil ihre Regierung den Versuch unternommen hat, die Verschuldungsgrenzen des GG (…) in einer geradezu dreisten Art und Weise zu umgehen.“
Friedrich Merz fasst das Ergebnis der Entscheidung von Karlsruhe in seiner Ansprache an die Ampel mit folgenden Worten zusammen: „Das war eine Klage, gegen die bereits in ihrem Koalitionsvertrag aufgeschriebene, von jeder bisherigen Staatspraxis abweichenden Manipulation unserer Verfassung. Notwendig geworden war eine Vereinbarung in ihrem Koalitionsvertrag, die dem Ziel diente, zum einen, dem Wunsch der FDP zu entsprechen auf Steuererhöhungen und auf die Aussetzung der Schuldenbremse zu verzichten und zum anderen die ungehemmte Subvention aller Klimaprojekte der Bundesregierung weiter zu ermöglichen und zum Dritten die Aufblähung des Sozialstaates für die Sozialdemokraten zu ermöglichen. Diese Quadratur des Kreises haben Sie versucht. Und dieses Kartenhaus ist am 15. November 2023 zusammengebrochen. Das war das Ergebnis der Entscheidung von Karlsruhe.“
Zum Abschluss sprach Friedrich Merz mahnende Worte in Richtung Bundeskanzler aus, seine Rolle als Opposition weiter ernst zu nehmen: „Wenn sie weiter uneinsichtig sind, wenn sie weiter streiten, wenn sie weiter unsere Staatsfinanzen gefährden und unsere Volkswirtschaft vor die Wand fahren dann werden wir alles dafür tun, dass dieser Spuk mit ihrer Bundesregierung so schnell wie möglich beendet wird.“
Die Rede von Friedrich Merz können Sie in der Mediathek hier noch einmal ansehen.
Das Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hatte am 15.11.23 in seinem Urteil den Nachtragshaushalt 2021 als verfassungswidrig und nichtig eingestuft. Im April 2022 hatten die Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beim BVerfG Klage eingereicht. Klage gegen den sogenannten Zweiten Nachtragshaushalt 2021 der Ampel-Regierung. Die Union hatte geklagt und Karlsruhe hatte geurteilt. Damit ist klar: die nachträgliche Umwidmung von Corona-Mitteln in Höhe von 60 Mrd. Euro für andere Zwecke war rechtlich nicht erlaubt. Der Nachtragshaushalt ist verfassungswidrig und nichtig. Kurz gesagt: die Bundesregierung unter Olaf Scholz hat damit den Versuch unternommen, die Schuldenbremse in einer verfassungswidrigen Art zu umgehen. Nun muss die Ampel alles rückgängig machen. Finanzminister Christian Lindner hatte im Nachgang zum Karlsruher Urteil eine umfassende Haushaltssperre verhängt. Zunächst sah es für die Ampel so aus, als wäre nur der Klima- und Transformationsfonds (KTF) betroffen vom Urteil des BVerfG. Lindner weitete die Haushaltssperre dann aber auf nahezu den gesamten aktuellen Etat also jenen des Jahres 2023 aus. Dies war notwendig geworden, weil klar wurde, dass nicht nur der KTF Teil einer verfassungswidrigen Ampel-Praxis geworden war.